GALERIE PROFIL
2008

Den Auftakt 2008 bespielte die junge Malerin Franziska Hofmann (* 1978) mit ihrer Einzelausstellung „Raumgedanken“. In ihren großformatigen Bildern versuchte Franziska Hofmann, dem Betrachter ein Gefühl von Raum und Bewegung zu vermitteln. Die perspektivischen Linien, mit denen die Gemälde durchzogen sind, erzeugten einen Sog, der die Dynamik der Figuren hervorhob. Zusätzlich unterstützten farbige „Störfelder“ diese Bewegung und steigerten die Räumlichkeit auf der Leinwand ins dreidimensionale. Durch die Größe der Bilder fand der Betrachter sich mitten in einem dynamischen Raster wieder. Flächen aus Transparentpapier durchbrachen zusätzlich wie eine Art Suchscheinwerfer die Linearität des Raumes. Losgelöst schienen sich die Figuren im Raum zu bewegen und bildeten trotzdem eine Einheit mit der Umgebung. Die Individualität der Figuren wurde hervorgehoben und zusätzlich erreichte Franziska Hofmann eine Steigerung von Bewegung und Raum.

Von März bis Mai installierte Inge Mahn in ihrer zweiten Einzelausstellung mit dem Titel „immer zäh glühen“ einen beeindruckenden, riesigen Scheibenwischer in das Schaufenster der Galerie. „Die plastische Arbeit ist in Bewegung, relativer Bewegung, das heißt, sie ist bezogen auf, abhängig von andere/r Bewegung, andere/n Objekte/n, vom Betrachter oder Passanten. Die plastische Arbeit ist eigentlich die Bewegung, die zwischen dem Ausstellungsraum und den Passanten auf der Straße geschaltet ist. Sie passiert folgerichtig auf der Schaufensterscheibe, ist eine nach außen gerichtete, extrovertierte Ausstellung. Jedes Fenster, ob real oder als Metapher gebraucht, gibt Einblick, Einsicht oder Durchblick. Der Einblick ist aber häufig, obwohl die Verglasung transparent ist, durch Spiegelungen oder Schmutzpartikel gestört.“ (Inge Mahn)
In der EMERSON Gallery Berlin versuchte diese kinetische Installation mit dem Titel „Scheibenwischer“ mechanisch, die Einsicht, den Durchblick durch das Schaufenster in den lichten Ausstellungsraum frei zu machen. Im hinteren Raum der Galerie waren Skizzen und Notizen zu sehen, die im Zusammenhang zu anderen plastischen Arbeiten standen oder bei Gesprächen in den letzten Jahren entstanden sind.
Begleitend zur Ausstellung fand am 7. Mai 2008 eine Lesung von Andrea Vanoni in Zusammenarbeit mit dem Diana Verlag statt.

Im Juni folgte dann das INTERMEZZO XI unter dem Titel „Fusion“, in dem die Ergebnisse eines Künstleraustausches zwischen Dubai und Berlin präsentiert wurden. Dazu stellten vier Künstler aus Dubai in der EMERSON Gallery Berlin aus, während zeitgleich vier deutsche Künstler ihre Werke im TASHKEEL, einem renommierten Kunstzentrum und einer Galerie in Dubai präsentierten, darunter Rolf Giegold, Stammkünstler der Galerie.
Lamya Gargash (* 1982 in Dubai), Roberto Lopardo und Hind Mezaina (* 1971 in Dubai) reisten nach Berlin und produzierten hier die Ausstellungsstücke für das INTERMEZZO XI. Ihre Arbeiten reflektierten die kreative Auseinandersetzung mit dem „Neuen“ und „Fremden“. Beide Kulturkreise vermischten sich und dadurch entstand eine einzigartige Verbindung, eine zusätzliche „Fusion“ auf einer anderen Ebene, die von den Erfahrungen und Entdeckungen der Künstler inspiriert wurde. Das Projekt wurde von Sam Bardaouil aus Dubai kuratiert.

Im August präsentierte der junge polnische Künstler Pawel Polus in seiner Ausstellung „Ethik – Ästhetik“neue Arbeiten. Im Mittelpunkt dieser Werke stand die Auseinandersetzung mit dem russischen Maler und Kunsttheoretiker Kasimir Malewitsch (1878 – 1935) einerseits und dem amerikanischen Maler des Konstruktivismus und Kunsttheoretiker Ad Reinhardt (1913 – 1967) andererseits. Pawel Polus unterstrich mit dem Titel „Ethik – Ästhetik“, worum es ihm ging: um eine theoretische Analyse von Kunst. “I’m playing in-between the sensuality of the black painting and the meaning of the black painting.” (Ich spiele mit einer Zwischenform aus der Sinnlichkeit eines schwarzen Bildes und der Bedeutung eines schwarzen Bildes.)Polus Ziel war es, die Spannungsfelder der künstlerischen Wahrnehmung, vor allem in der Malerei zu erforschen: die Wechselbeziehung zwischen Sinnlichkeit und Sinn. Der Betrachter indes versuchte, Parallelen zwischen Malewitsch und Reinhardt, Ethik und Ästhetik herzustellen. Solche Erwartungen wurden dann aber durch einfache Mittel wie echte frische Blumen in Frage gestellt, bzw. demontiert.

Nach den Länderschwerpunkten Kanada und Dänemark in den beiden Vorjahren richtete die EMERSON Gallery Berlin im Sommer 2008 den Fokus auf Asien: das dritte SOMMERFEST DER INTERNATIONALEN KUNST hatte damit eine Tradition gewonnen und stand im Zeichen Chinas. Wolfgang Stiller hatte als Kurator der Ausstellung „China trifft Berlin“ vier junge Stars der chinesischen Kunstszene eingeladen, die in den Bereichen Malerei, Fotografie, Installation und Performance tätig sind.
Die ausgewählten Künstler spiegelten nicht das gegenwärtige Kunstschaffen in China, das noch immer stark von traditionalistischen Medien und Stilen dominiert ist. Vielmehr wurde hier eine junge Generation vorgestellt, die sich zur Umsetzung ihrer individuellen künstlerischen Konzepte vor allem westlich geprägten visuellen Ausdrucksweisen bediente. Auch die inhaltlich behandelten Themen von Umweltzerstörung über politische Konflikte bis hin zu Fragen der Identität waren uns nur allzu vertraut.
Li Yan (* 1977 in Jilin/ China) hielt in seiner Serie kleinformatiger Acrylbilder Ausschnitte weltweiter Ereignisse fest, die auf Grundlage von Pressefotos aus internationalen Zeitungen und auch von Fernsehbildern entstanden.. Seine Ölbilder gleichen einem universalen visuellen Notizbuch das offenbart, wie sehr Katastrophen als alltäglich empfunden werden. Auch Wang Chuan (* 1967 in Peking/ China) arbeitet bevorzugt in Serien, wobei seine Fotoprints zumeist symbolisch überhöht wirken. Zhang Peng (* 1981 in Shandong/ China) fotografiert seine kindlichen Mädchenmodelle in inszenierten Kulissen und zum Teil mit makabren Requisiten. Pan Xing Lei (* 1969 in Shen Yang/ China) agiert in seinen provozierenden politischen Aktionen und Performances persönlich. Als er 1996 bei einer Aktion eine Statue der Queen Viktoria in Hong Kong mit roter Farbe übergoss, kam er für einige Tage ins Gefängnis. Zum Abschluss der Ausstellung führte Pan Xing Lei in der Galerie eine Performance auf.

Das Herbstprogramm bespielte Wolfgang Stiller mit seiner zweiten Einzelausstellung in der EMERSON Gallery Berlin. Der Titel „C’mon Baby Light My Fire“ zitierte einen bekannten Song von „The Doors“ und betonte zugleich die ironische Note der neuen Raum-Installation des Künstlers. Die „Matchstick Men“, überdimensionale Streichholzmännchen aus Holzlatten, deren Köpfe aus dunklem Kunststoff von realen Menschen in China abgeformt wurden, beherrschten den großen vorderen Ausstellungsraum. Eine poetische Arbeit, die Bezüge zur Arte Povera aufwies und mit der der Künstler durch die wörtliche Umsetzung der Streichholzköpfe eine ironische Position bezog.

Im Oktober fand das Intermezzo XII „The Blooming Body Project“ statt mit einer üppigen, expressiven Malerei der italienischen Künstlerin Barbara Fragogna (* 1975 in Venedig/ Italien). Die 1975 in Venedig geborene Malerin hat zeitgleich, als Künstlerin und Mitkuratorin einen Austausch zwischen zwölf Künstlern aus Berlin und Padua organisiert. Die Gruppenausstellung „kontaminaktionen = contaminazioni“, zu der ein Katalog erschien, wurde im ExMacello Padova und danach im Kunsthaus Tacheles Berlin gezeigt.
Zum Abschluss des Intermezzo fand im Rahmen des „open weekend“ und als Vorschau auf das Novemberprogramm der Galerie die Performance „Zentralfigur“ von und mit Sibylle Günther und Susanne Wehr statt.

Der Monat November stand in ganz Berlin im Zeichen der Fotografie. Bereits zum dritten Mal wurde der Europäische Monat der Fotografie stadtweit mit sehr unterschiedlichen Ausstellungen durchgeführt. Unter dem Titel „SHOOT!“ präsentierte die EMERSON Gallery Berlin Fotografien von 4 internationalen Künstlern: JOHN HANEY aus Kanada, Helga Kohl (* 1943) aus Namibia sowie Stefanie Seufert (* 1969) und SUSANNE WEHR aus Berlin. Entstanden ist eine spannungsvolle Ausstellung mit vier eigenständigen und thematisch unterschiedlichen Positionen. John Haney zeigte seine atmosphärisch verdichtete Fotoserie „Island“ ein Langzeitprojekt mit Landschaftsaufnahmen der Küste der Avalon Halbinsel, dem südöstlichsten Punkt von Neufundland. An diesem zugleich spezifischen, anonymen und globalen Ort findet ein unheimliches Naturschauspiel permanent wechselnder Wetter- und Lichtverhältnisse statt. Helga Kohl, die seit 38 Jahren in Namibia lebt, porträtierte die verlassene Diamantensucherstadt Kolmannskuppe in der Namibischen Wüste. In ihren Fotos von leeren Gebäuden, die zunehmend vom Wüstensand überflutet werden, verbinden sich erzählerische Komponenten mit sachlicher Dokumentarfotografie. Stefanie Seufert lichtet Ausschnitte der Natur in abstrakter Theatralität ab. Mit einer Großformatbildkamera, die traditionell für Architekturaufnahmen benutzt wird, fotografiert sie ungewöhnliche Details. Die Bildgegenstände zumeist aus der Natur sind nicht digital manipuliert, wirken allerdings allein durch die Wahl des Ausschnitts und die jeweiligen Lichtverhältnisse „verfremdet“. Susanne Wehr stellte ihr umfassendes Projekt „Volks-Bild-Archiv“ vor, in dem sie anonyme Privatfotos sichtet, kategorisiert und teilweise verfremdet wiedergibt. Ein Teil der anonymen Schnappschüsse wird regelmäßig von ihr auf der gleichnamigen Internetseite veröffentlicht. Zur Ausstellung erschien ihr Katalog „Susanne Wehr – Zentralfigur“.

Zum Jahresabschluss fand der erste Künstleraustausch mit der Galerie 21 aus Braunschweig statt. Unter dem Titel „B2B“ wurden Bilder von THOMAS GENTNER und Julia von Troschke (* 1971) ausgestellt. „Die Bilder von Thomas Gentner sind voller Musik. Man hört Kraftvolles und Lyrisches, Dissonantes und immer wieder, wenn man genau hinhört, auch den Blues“ schreibt Prof. Manfred Eichel im Schlusssatz des Katalogtextes der begleitend zur Ausstellung erschienen ist. Die Bilder von Julia von Troschke sind voller Erzählungen und Geschichten, könnte man im Geiste ergänzen. Die Ausstellung B2B brachte die beiden sehr unterschiedlichen Künstler zu einem spannungsvollen Dialog ihrer Bilder zusammen. Ein Katalog ist zur Ausstellung erschienen. Zur Finissage fand ein Jazzkonzert mit Präsentation der neuen CD „Kite“ von Michel Ackermann statt.