GALERIE PROFIL
2005

Den Auftakt des Ausstellungsjahres 2005 machte Jaroslaw Kozlowski (* 1945), ein hochrangiger Vertreter der polnischen Avantgarde. In seiner Einzelausstellung „Grüße aus Berlin“ präsentierte Kozłowski – anlässlich seines 60. Geburtstages – eine neue Rauminstallation. Übermalte alte Koffer wurden auf einer Holzpalette gestapelt, laut tickende Wecker standen in Reih und Glied auf einem Wandregal und stilisierte Postkarten mit verschiedensprachigen Urlaubsgrüßen in 24 Sprachen hingen an den Wänden. Mit dieser Arbeit spielt Kozlowski auf das (zwanghafte) Nomadentum des Menschen an und symbolisiert zugleich die Relativität von Zeit und Raum. Zur Finissage wurde die Performance „CONTINUUM XXII“ (Deutschlandpremiere) aufgeführt.

Auch im März richtete sich der Blick nach Polen, gezeigt wurde das INTERMEZZO IV, eine Gruppenausstellung mit Teilnehmern der 1. Internationalen Biennale Lodz. Präsentiert wurden Beiträge von Victor Kégli, Ann Noël und Ryszard Wasko (* 1947 in Polen). Die 2004 erstmals stattfindende Biennale in Lodz, organisiert vom IAM, dem International Artists‘ Museum in Lodz, erregte international große Aufmerksamkeit. Das INTERMEZZO IV war gleichsam eine Nachlese dieses Kunstereignisses sowie eine Vorschau auf die kommende Lodz-Biennale 2006. Im Zusammenhang mit einem zeitgleich stattfindenden Programm zum „Kulturjahr der Zehn“ sowie dem Deutsch-Polnischen Jahr 2005/2006, war das INTERMEZZO zur ersten Internationalen Biennale Lodz eine interessante Ergänzung im Hinblick auf Polens aktuelle Kunstentwicklung und den deutsch-polnischen Kulturaustausch.

Die nächste Ausstellung präsentierte neue „Malerei“von Stefanie Gutheil (* 1980), ehemalige Studentin bei Prof. Karl-Horst Hödicke an der UDK Berlin. Die in Ravensburg geborene Malerin gilt als viel versprechendes, noch zu entdeckendes Talent. In dem gezeigten neuen Zyklus variierte Stefanie Gutheil das Motiv von Menschenmassen in städtischen Landschaften. Die Bilder der jungen Malerin haben dabei – wider Erwarten – nichts Bedrängendes oder Klaustrophobisches. Es sind vielmehr beschwingte, fröhliche, bunte Gesellschaften, die sich da nächtens durch enge Häusergassen und -schluchten bewegen. Die Art und Weise, wie die agilen Menschenmassen zwischen den starren Architekturen der seltsam gesichtslosen Städte „hervorquellen“, erinnert an Straßenfeste oder Karneval. Fast unweigerlich gerät der Blick des Betrachters in den Sog der Farben, Lichter und Bewegungen im Bildgrund.
Im Rahmen der Ausstellung fand anläßlich des 80. Geburtstages des Fluxuspioniers Emmett Williamsein künstlerisches Fest mit Performances, Videovorführungen und Wandkunstmit mit dem Jubilar und Gästen in der Freien Akademie für Kunst statt.

In der Ausstellung „Aspects of Life“ von Wolfgang Stiller (* 1961) wurden der gleichnamige, umfassende Zeichnungszyklus sowie Objekte aus Wachs, Kunststoff und Fundstücken gezeigt. In übereinander gehängten, schmalen Schaukästen oder direkt auf der Wand hatte der Künstler unzählige kleinformatige Farbmusterkarten (13 x 8 cm) mit typischer Lochung in Reihen angeordnet. Wolfgang Stiller, in Berlin und New York Zuhause, hat jedes Kärtchen individuell übermalt und gestaltet. Der so entstandene Bildkosmos ist kein universeller im Sinne eines Teatrum Mundi. Vielmehr findet Stiller Bildzeichen für den Kreislauf des Lebens von verstörender Intensität. Während der Ausstellung fand das Podiumsgespräch zum Thema „Kunst trifft Bildung“ statt.

Die Sommerausstellung 2005 präsentierte unter dem Titel „Malerei in 3 Staffeln“ neue Malerei vorwiegend aus Berlin. Drei Künstler der Galerie, Thomas Gentner, Heike Ruschmeyer und Frank Tornow, stellten im Wechsel immer zu zweit mit einem von drei Gästen aus. Das Rotationsprinzip garantierte nicht nur wechselhafte Blickpunkte, sondern auch ungewöhnlich abwechslungsreiche Bilddialoge in dieser Ausstellung.
Den Auftakt bildeten Julia Brodauf (* 1974), Thomas Gentner und Heike Ruschmeyer, inszeniert von Frank Tornow. Danach folgten Barbara Collinet, Heike Ruschmeyer und Frank Tornow, inszeniert von Thomas Gentner. Den Abschluß bildeten Gabriela Baenzinger (* 1963 in Zürich/ Schweiz), Thomas Gentner und Frank Tornow, inszeniert von Heike Ruschmeyer. Zu den Eröffnungen der 3 Ausstellungsstaffeln gab es jeweils eine Begleitveranstaltung mit Lesungen, Performances oder Musik. In der Verlängerung wurden noch einmal alle sechs Künstler gemeinsam gezeigt.

Zum Berliner Kunstherbst präsentierte die Galerie die Ausstellung „rundum“ von Inge Mahn (* 1943). Im Zentrum stand eine nahezu raumfüllende Karussell-Skulptur der Bildhauerin. Die kinetische Arbeit bezog sich auf den Raum und war auf direkte Art und Weise für den Besucher sinnlich erfahrbar.
Die Skulpturen von Inge Mahn, die von 1993 bis 2009 an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee unterrichtete, sind bevorzugt aus Gips oder Holz gefertigt. Sie wirken durch die materielle und inhaltliche Umsetzung befremdend und entrückt. Dennoch sind es nie Abgüsse bestehender Formen, sondern immer „Umformungen, Ergebnisse, Summen erlebter Objekte.“

Es folgte das INTERMEZZO V mit den Künstlern Lone Arendal (* 1949) und Peter Mandrup (* 1949), zwei wichtigen Vertretern der gegenwärtigen dänischen Kunst. Beide Künstler präsentierten Arbeiten, die während ihres derzeit stattfindenden Arbeitsstipendiums in Berlin entstanden sind. In der Ausstellung entsteht ein Dialog zwischen den grafischen Arbeiten von Lone Arendal und der Malerei von Peter Mandrup. Trotz augenscheinlicher Unterschiede thematisieren beide Maler Strukturen und kompositorische Prinzipien in der Bildfindung. Lone Arendal zeigte eine Auswahl seiner Holz- und Linolschnitte, die vorrangig schwarz-weiß gehalten sind. Im Kontrast zu den vorhergehenden, sehr komplex strukturierten und organisch wirkenden Holzschnitten zeigte Arendal mit ihren neuen Arbeiten, die sie auf handgeschöpftem Papier und teilweise auf gemusterter Tapete angefertigt hatte, klare und einfache geometrische Strukturen. Im Umgang mit den verschiedenen Techniken und Strukturen experimentiert sie mit unterschiedlichen Arten von Druckunterlagen, verfremdet diese und überlagert die verschiedenen Muster.
Peter Mandrup zeigte neue Bilder, bestehend aus jeweils zwei hochformatigen Leinwänden, die zusammen ein Querformat bilden und somit das Format für Landschaftsbilder und Stadtansichten aufnehmen. Mandrups Bilder sind Abstraktionen. Es handelt sich nicht um Abstraktionen konkreter Themen, vielmehr loten seine Bilder die Möglichkeiten und Eigengesetzlichkeiten von Farbe, Setzungen, Oberflächen und der Tätigkeit des Malens aus. In ihnen kondensiert Peter Mandrup Wahrnehmungen seiner Umgebung als Eindrücke des spezifischen Lichts und der räumlichen Verhältnisse.

Als Ausklang des Jahres präsentierte die EMERSON Gallery Berlin die Gruppenausstellung „Ankunft“. Das Wort „Ankunft“, vom lateinischen „adventus, Advent“, markiert den Beginn des christlichen Jahreskreises mit der Vorbereitung auf Weihnachten, auf das Fest der Geburt Christi. Ursprünglich entsprach der Begriff „Advent“ dem griechischen Wort „epiphaneia“ (Erscheinung) und bezog sich auf die Ankunft der Gottheit im Tempel oder den Besuch eines Königs. Ganz gleich, ob im profanen oder religiösen Kontext, die Ankunft ist stets eng verknüpft mit dem Gefühl der (freudigen aber auch ängstlichen) Erwartung. Sie markiert zugleich das Ende des Wartens und damit der Vorfreude oder des Bangens. Die Ankunft kann das Ende einer Reise markieren, aber auch die Geburt, also den Beginn des Lebens. In der Ausstellung diente die Vielfältigkeit und Ambivalenz des Begriffs „Ankunft“ fünf Künstlern als Ausgangspunkt und Anreiz zur künstlerischen Auseinandersetzung. Die Spannweite in dieser thematischen Gruppenausstellung reichte vom polyphonen Klangexperiment von Rolf Giegold bis zum biblischen Psalmentext auf Pergamentpapier von Ingrid Göttlicher.
Rolf Giegolds sechskanalige Komposition aus über 80 Nationalhymnen präsentierte sich in strenger formaler Anordnung verschiedenfarbiger Lautsprecher in ineinander greifenden Kreisen an der Wand.
Ingrid Göttlicher erstellte neben den Psalmentexten eine Installation aus gefalteten und spiralförmig aufgerollten Zeitungen. Die Arbeit „Zeit“ bestand aus 52 Ausgaben der gleichnamigen Wochenzeitung aus dem Jahr 2005 und wurde erst im Laufe der Ausstellung vollendet.
Die beiden polnischen Künstler Jarosław Kozłowskiund Hanna Łuczak zeigten jeweils neue Bilderzyklen. Jaroslaw Kozlowski präsentierte 5 Tuschzeichnungen auf Zeitungspapier mit dem Titel „Der Spiegel des Tages“, ein Wortspiel mit dem Titel der als Malgrund verwendeten Berliner Tageszeitung.
Die Serie der Zeichnungen von Hanna Luczak (* 1959 in Polen) trug den ebenfalls anspielungsreichen Titel „Guten Morgen, und Gute Nacht, Herr Mond“.
Victor Kégli warf die Frage auf, ob es überhaupt eine Ankunft gibt im immerwährenden Daseinsfluß. Sein Objekt bestand aus einer elektrischen Modelleisenbahn: Ein kreisförmig angeordneter Zug ohne Anfang und Ende rotierte endlos auf einem ebenfalls kreisrunden Schienenstrang.
Zur Ausstellung erschienen außerdem verschiedene Editionen der Künstler. Zu erwähnen ist hierbei Victor Kéglis Postkarten-Edition „Ankunft“, an der Galeriebesucher in der Tradition der „Mail Art“ teilnehmen konnten. Zur Finissage fand eine Lesung aus den „Psalmen“ von Hans Brückner statt. Bei einem anschließendem Atelierbesuch Ingrid Göttlichers zur Präsentation der neuen, temporären Rauminstallation „Raumeinnahme II“ (Käfig) führte Bettina Wagner eine Performance auf.